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Die Zeit nach der Geburt - Postnatale Depression

Graffiti vom Wynwood Art District in Miami. Künstler unbekannt. Yogamami fand es passend für den Eintrag über Postnatale Depression
Graffiti vom Wynwood Art District in Miami. Künstler unbekannt. Yogamami fand es passend für den Eintrag über Postnatale Depression

Wenn die Sonne draussen so lacht und man einfach gute Laune haben sollte, dann stimmen mich unsere depressiven Patienten jeweils ein bisschen traurig. Die Kinder und Jugendliche werden oft in der Schule als verstimmt erlebt, somit erkannt und können sofort therapiert werden. Und meist geht es nicht lange und sie können wieder fröhlicher sein. Eine gröbere Arbeit steht dann aber in ihrem Zuhause an. Denn dort liegt meiner Meinung nach die Ursache der psychischen Störung begraben. Oder zumindest das, was als Störung definiert wird. Als Bewegungstherapeutin habe ich aber weniger Einblicke in die Familie und kriege so auf dem Gang mal oder in den Sitzungen mit, wie es genau läuft, wenn sie nicht bei uns sind. Aber die Kinder sind heute auch nicht in erster Linie mein Thema. Sondern wir Mamis. Gerade hat die WHO neue Richtlinien für Geburten veröffentlicht, da nicht alle Frauen eine gewaltfreie Geburt erleben dürfen.  Meiner Meinung nach zurecht. So oft höre ich im Umfeld, dass Mamis ihre Geburten erst mal verdauen mussten oder sie noch mit der Hebamme die Geburt aufarbeiten müssen. Von einigen hörte ich schon Horrorgeschichten und andere wiederum sind ganz zufrieden. Einige können durch postnatale Depressionen die erste Zeit mit den Babies gar nicht geniessen, geschweige den richtig fassen.

Es wird selten über die Schattenseiten geredet. Leider. Auch ich fand die erste Zeit nach der zwar guten Geburt von unserem Yogakid extrem krass. Das Wochenbett im Spital gefiel mir gar nicht. Zudem schlief das Baby tagsüber weniger wie andere, weinte, wenn man sie hinlegte und ich spürte meinen Körper mega durch den Schlafentzug. Das Stillen klappte auch nicht, alles blutete und am Ende lag ich nach drei Wochen wieder im Spital mit einer fetten Brustentzündung und sooooo unglaublichen Schmerzen.

Danach stillte ich ab. Niemand hat mich vorgewarnt. Die Hormone, die nämlich nun im Sturzflug sinkenden Endorphine, und ich waren durch diesen Sprung überfordert. Und zum Glück hab ich einen super Mann, der sich toll um mich und das Kleine kümmerte. Depression war das gerade noch nicht. Ich würde sagen haarscharf gestreift. Aber verstimmt war ich definitiv. Unsicher, ob ich diesem kleinen Geschöpf eine gute Mami bin. Ob ich gut genug bin, wenn ich nicht stille. Sätze wie "Stillen wäre halt schon gut gewesen", machten mich völlig fertig. Es war eine grosse Prüfung für mich. Es war streng. Aber alles in mir wollte Routine und Normalität. Ich redete mit anderen Erstlingsmamis über die Gefühle, alle unsere Gefühle und legte den Perfektionismus ab. Nach ein paar Wochen dann legte sich Alles. Wir alle fanden einen guten Rhythmus zusammen, lernten uns kennen und langsam verblassen die Erinnerungen bereits und bekommen Glitzersahnehäubchen obendrauf. War es wirklich mal so streng? Fühlte ich mich mal körperlich so neben der Spur?

 

Ich habe es zum Glück für mich dokumentiert und kann meine Gefühle von damals nachlesen. Ich hatte eine sehr schwierige Situation gemeistert, wie wir alle, wenn wir neu Mamis werden. Nun stellt euch aber vor, ihr fühlt euch dem Ganzen überhaupt nicht mehr gewachsen und seid total wehrlos einer Depression ausgeliefert? Vielleicht habt ihr auch Leute in eurem Umfeld, welche genau dies erleben. Keinen Weg mehr aus dem Ganzen, wie in einem Sog oder Strudel, finden. Oft erkennt man ein solches Mami schlecht, da das äussere Bild nicht mit der Realität überein stimmt. Wir reden wie gesagt nicht gerne über unsere schlechteren Seiten. Schade, denn vielleicht könnte so ein Mami schneller merken, dass es ihr nicht so schlecht gehen muss und dass geholfen werden kann. Manchmal braucht es viel, wie eine Therapie, aber manchmal tut Bewegung, sozialer Kontakt und Hilfestellung sein Übriges, damit dieses Mami sich nicht alleine fühlen muss. Als ich noch mit Erwachsenen arbeitete, hatte ich zwei frische Mamis bei mir in der Therapie. Damals konnte ich noch nicht alles ganz nachvollziehen. Heute ist mir natürlich um einiges klarer, worum es bei diesen Patientinnen ging, denn ich habe die Anpassungen an das Babyleben durchgemacht. Es gibt übrigens einen Onlinetest für die postnatale Depression, welchen auch die Hebammen in einem Geburtsvorbereitungskurs oft in ihre Mäppchen zum Mitnachhausenehmen legen. Denn es ist wichtig, dass man sich getraut einen Psychologen aufzusuchen, nicht nur für das Mami selbst, sondern auch für deren Kindern. Es kann uns allen passieren.

 

Bei meiner zweiten Tochter übrigens entschied ich mich schon sehr früh ins Geburtshaus zu gehen. Die Ärzte nervten mich bei den Kontrolluntersuchungen mit ihren Entscheidungen, welche sie ohne mich trafen und einfach machten. Ich nahm dies schon sehr übergriffig war. Daher suchte ich nach einer anderen Betreuung und fand das Geburtshaus. Und es war für mich die beste Entscheidung ever, welche ich treffen konnte. Mein Mann musste schmunzeln, als er den für ihn alternativ angehauchten Ort sah. Aber er sah innert paar Sekunden ein, dass dieser Ort zum Yogamami passt. Und so war auch die selbstbestimmte Geburt und die persönlichen Kontrollen währen der Schwangerschaft. Ruhig und wunderschön. Das Stillen übrigens kein Thema mehr. Das Yogababy scheint mir auch eine wesentlich ruhigerer Trinkerin zu sein. Wir stillen nach 10 Monaten nun immer noch, weil es bisher einfach keine Probleme gab, und somit musste das Yogamami auch keinen zweiten schnellen Hormonsturz erleben.

 

Namaste 

Sabrina

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